Udo Jürgens in der König-Pilsener-Arena, Oberhausen

Nach 178 Konzerten sollte an diesem Freitag Abend kurz vor Vollendung meines 29. Lebensjahres eine Premiere auf mich warten. Der erste Konzertbesuch (abgesehen von zwei Militärmusikfestivals) mit einer Mutter.

Ausgesucht für diese Premiere wurde mit dem Gastspiel der "Mitten im Leben"-Tour  also ein Auftritt eines der ganz Großen im deutschsprachigen Schlager .... jemanden, den ich persönlich nochmal - den exorbitanten Kartenpreisen zum Trotz - unbedingt mal live sehen wollte, bevor er irgendwann dann doch mal die Bühne verlässt.


Beginnen wir jedoch gleich mit den negativen Aspekten des Abends: Ich persönlich finde es zum einen sowieso schon blöd, dass Konzerte von einer langen Pause (in dem Fall 35 Minuten) unterbrochen werden, aber gestört hat mich insbesondere der Aufbau der Setlist. Es ist ja vollkommen klar, dass ein Konzert in erster Linie dazu da ist um seine neue Sachen zu präsentieren, aber die neuen Lieder komplett im 1.Teil des Abends abzufrühstücken und dort bis auf 1-2 zumindest etwas bekanntere Ausnahmen überhaupt keinen Klassiker zu bringen, halte ich doch für ziemlich ungeschickt, da so in diesen ersten 70 Minuten eigentlich an keinster Weise so etwas wie Stimmung aufkommen sollte. 
Und - um ehrlich zu sein - stimmungsmäßig hatte ich mir auch für den 2.Teil mehr erhofft, aber zumindest im Unterrang war das doch eher lau. Schade zudem, dass (auch hier wieder bis auf 2-3 Ausnahmen) die großen Hits allesamt nur angespielt wurden. Fazit daraus: Für den "normalen" Udo-Hörer war das sicher kein ganz optimal angelegtes Geld.


Das mag sich jetzt nach diesen ersten beiden Absätzen anhören, als wenn es ein vollkommen verschenkter Abend war, aber so war es natürlich aller Kritik zum Trotz auch nicht und zwar aus den folgenden Punkten:

  • die Qualtiät des Pepe Lienhard-Orchesters: egal ob im Zusammenspiel oder bei den vielen instrumentalen Soli - jeder der Musiker hat ein enormes Können und gerade die Soli veredelten den ein oder anderen Song
  • der Intro-Song "Die Welt braucht Lieder": tolle Botschaft über die Wirkung von Musik, gespickt mit einem großartigen Leinwandvideo über die Stationen von Udos Karriere
  • die Akustik: Dieser Punkt spielt ein bisschen mit Punkt 1 zusammen. Lag es an der Halle oder einfach an einer super Crew. Der Sound war jedenfalls nahezu an der Perfektion abgemischt, sodass es für die Ohren ein absoluter Hochgenuss war
  • die neuen Songs: Vorhin noch kritisiert bzgl. der Ballung im 1.Teilset und zumindest musikalisch auch vielleicht etwas zu viel balladig, sprich zu wenig Pep, aber man muss schon seinen Hut davor ziehen, wie genau Udo Jürgens die Welt um sich herum beobachtet und wie gekonnt er es dann schafft seine Beobachtungen entweder direkt oder verschlüsselt in Texte zu übertragen. Egal ob es da um Religionskonflikte, Eigenverantwortlichkeit oder soziale Netzwerke (Absoluter Tipp: Der gläserne Mensch) ging - textlich absolute Spitzenklasse und auch für seine Ansagen zu den Songs gab es zurecht mehr als nur einmal Applaus
  • die ausgespielten alten Songs: Zwei waren es leider nur an der Zahl, aber sowohl "Ich war noch niemals in NY" in der Medley-Version mit zwei weiteren Solosängern und NY-Songs als auch "Griechscher Wein" in einer anfangs genialen, sehr reduzierten Version (Udo und Querflöte) waren absolut topp

Bisschen enttäuschend war es im Übrigen auch, dass er eigentlich gar nicht so richtig Tschüss gesagt hat - weder vor den Zugaben, noch am wirklichen Konzertende.


Insgesamt also ein "nur" netter Abend, den man mit leichten Setlistkorrekturen deutlich besser gestalten hätte können. Dem Gelegenheitshörer würde ich wohl sogar eher das Musical als einen Konzertbesuch empfehlen, in die neuen Texte sollte man aber definitiv mal reinhören (CD oder Livemitschnitt) werden also durchaus ans Herz gelegt.